Steffi Jones wird DFB-Nationaltrainerin: Wischiwaschi ist nicht ihr Ding

Sie wird keine Revolution anzetteln, aber erste Änderungen bemerkt man schon jetzt. Steffi Jones stellt sich als DFB-Cheftrainerin der Frauen vor.

Silvia Neid und Steffi Jones vor einem DFB-Logo

Hat als Trainerin alles gewonnen: Silvia Neid (l.). Muss erst noch liefern: Steffi Jones Foto: dpa

FRANKFURT/M. taz | Mit schwarzer Tuchhose, modischer Bluse und stilvollem Blazer betritt Steffi Jones den fensterlosen Raum im Frankfurter Flughafenhotel. Federnder Schritt, selbstbewusste Haltung, smartes Lächeln. Und dazu bereits das Mikrofon am Ohr eingehakt. So sehen Businessfrauen aus, wenn sie ausgefeilte Vorträge halten. Aber nichts anderes macht die Frau, die künftig bei der deutschen Frauen-Nationalmannschaft das Sagen hat, im Prinzip am Mittwoch.

Mit einer schwer beeindruckenden Powerpoint-Präsentation stellt sich die 43-Jährige nicht nur der extra eingeladenen Schar der Trainerkollegen aus der Frauen-Bundesliga vor, sondern in Kurzform bekommt auch die Öffentlichkeit zu sehen, was die neue Bundestrainerin zu tun gedenkt, um dem deutschen Frauenfußball Erweckungserlebnisse wie den jüngst errungenen Olympiasieg unter ihrer Vorgängerin Silvia Neid zu erhalten.

Nein, Steffi Jones wird keine Revolution anzetteln, aber doch Reformen angehen. „Ich werde den Fußball nicht neu erfinden, aber ich will an Erfolge anknüpfen“, sagt sie. Sie hat eine Ansprache, der sich die bisweilen sperrige Neid nie bedient hätte. Das Motto: „Kiss – keep it smart & simple!“ stand etwa auf der ersten Folie. Zudem wurden Leitbilder, Positionsprofile und Spielvisionen gezeigt – zuletzt hat in derartiger Form für eine DFB-Auswahl so etwas nur Jürgen Klinsmann gewagt.

Qualität gehe vor Quantität, um Erfolge zu feiern, führte Jones aus. Für die EM 2017 in den Niederlanden sei der Titel das Ziel: „Wir wollen weiter Trendsetter sein – wenn wir etwas machen, dann richtig.“ Ihr sei bewusst, dass die Erwartungshaltung durch die olympische Neid-Krönung nicht kleiner geworden ist. „Eine Bürde war das schon vorher. Ich weiß, was ich kann“, erklärte die 111-fache Na­tio­nalspielerin, „ich hätte die Aufgabe nicht übernommen, wenn ich gedacht hätte, dass ich sie nicht meistern werde.“

Kaum Trainererfahrung

Ihre vielfältigen Tätigkeiten– OK-Präsidentin, Direktorin, zuletzt Assistentin unter Neid – haben die Powerfrau noch selbstbewusster gemacht, als sie es ob ihrer bewegten Vita schon war. Sie sei nicht „wischiwaschi, sondern straight“. Geradeaus also will sie gehen, und dafür hat die gebürtige Frankfurterin, mit der erforderlichen Lizenz, aber nur bedingter Trainererfahrung ausgestattet, sich bewusst eine Frau und einen Mann als Assistenten geholt: Verena Hagedorn, 34, ehemalige Nationalspieler, zuletzt Sportlehrerin im Verband Mittelrhein, und Markus Högner, 49, zuletzt Trainer des Frauen-Bundesligisten SGS Essen.

Vorgesehen ist eine weitere Professionalisierung im Team hinter dem Team, zu dem künftig vier statt drei Physiotherapeuten, zwei statt ein Mediziner gehören. Pikant: Die bisherige Teammanagerin Doris Fitschen, so Jones, werde nur noch „punktuell bei der Mannschaft“ sein und sich auf ihre Marketingaktivitäten beschränken. Ob dahinter persönliche Animositäten stecken?

Steffi Jones

„Ich weiß, was ich kann. Ich hätte die Aufgabe nicht übernommen, wenn ich gedacht hätte, dass ich sie nicht meistern werde“

Sicher ist, dass die Hierarchien auf dem Platz neu geordnet werden müssen, nachdem Saskia Bartusiak, Annike Krahn und Melanie Behringer fast noch in Rio de Janeiro ihren Rücktritt erklärten. Die künftige Kapitänin stehe fest, sie verrate aber noch nichts.

Die ersten Länderspiele unter ihrer Regie – EM-Qualifikation in Russland und Ungarn im September – werden keinen größeren Aufschluss geben. Da man bereits qualifiziert ist, sollen Olympia-Heldinnen geschont werden. Jones strebt dabei eine verbesserte Kommunikation mit der Liga an. Deren stetes Grummeln über so manchen Neid-Alleingang hatte sich nach der durchwachsenen WM 2015 teils zum lauten Protest gesteigert.

Die Wogen hat die Nachfolgerin gestern endgültig geglättet. „Es ist schön, dass man über Dinge sprechen kann, die kritisch sind“, merkte Thomas Wörle vom Meister FC Bayern an. „Wichtig ist, dann man miteinander statt übereinander redet“, befand Inka Grings vom MSV Duisburg. Auch Ralf Kellermann vom Pokalsieger VfL Wolfsburg stimmte zu. Da hat offenbar jemand überzeugt. Jones hat sich schließlich nicht umsonst in Schale geworfen. Ähnlich wird sie auch am Spielfeldrand auftauchen. Antwort auf die Frage, ob sie denn Hosen- oder Trainingsanzug trage: „Sportlich chic.“

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