Meduza-Auswahl 11. – 17. April: Übermacht des russischen FSB

Ob Folter von Zivilisten oder Entführung ukrainischer Kindern – der russische Sicherheitsdienst ist stets dabei. Texte aus dem Exilmedium.

Autos vor einem Gebäude.

Zentrale des Geheimdienstes FSB in Moskau Foto: Sergei Karpukhin/reuters

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 11. bis zum 17. April 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Die Hände des FSB sind überall

Der russische Sicherheitsdienst FSB hat den Terroranschlag auf die Crocus City Hall am 22. März in einem Moskauer Vorort nicht verhindert. Vielleicht weil er zu viel mit anderen Dingen beschäftigt ist: FSB-Agenten hatten vor mehr als einem Jahr den Wall-Street-Journal-Reporter Evan Gershkovich unter Spionageverdacht verhaftet. Und der FSB war maßgeblich an der Durchsetzung des harten Vorgehens des Kremls gegen Anti-Putin-Stimmen und LGBTQ+-Aktivist*innen beteiligt.

In einer neuen Podcastfolge von „The Naked Pravda“ spricht Meduza-Redakteur Sam Breazeale mit Dr. Kevin Riehle, einem Experten für ausländische Nachrichtendienste und Autor eines Buches über den FSB (englischer Text). Sie diskutieren über die Entwicklung des Sicherheitsdienstes in Russland und über seine Rolle im Ukrainekrieg. Zwei Beispiele: Der FSB ist an der Deportation von ukrainischen Kindern beteiligt wie auch an der Folter von Zivilisten.

Frauen an die Front – aus dem Knast

Im Herbst 2023 begann das russische Verteidigungsministerium mit der Rekrutierung von Insassinnen eines Frauengefängnisses für das Militär. Das Ziel: die Reihen der Streitkräfte für den Krieg gegen die Ukraine wieder aufzufüllen. Sechs Monate nachdem sie ihre Verträge unterschrieben haben, warten sie allerdings immer noch darauf, eingesetzt zu werden.

Viele von ihnen hofften, so schnell aus dem Gefängnis zu kommen, ihre Kinder wiedersehen zu können und sogar Geld zu erhalten. Inzwischen befürchten viele Insassinnen, dass sie erst eingezogen werden, wenn sie ihre Strafe bereits verbüßt haben. Darüber veröffentlicht Meduza einen Beitrag auf Englisch, der ursprünglich auf Russisch in dem unabhängigen Medium Bumaga erschienen ist.

Im Text wird die Leiterin der Gefangenenrechtsorganisation Russia Behind Bars, Olga Romanowa, zitiert. Sie ist eine der Ersten, die über die Rekrutierung weiblicher Gefangener für den Krieg in der Ukraine berichtet hat. Das wichtigste Kriterium bei der Auswahl der zukünftigen Kämpferinnen sei für das Verteidigungsministerium nicht die Schwere ihrer Straftaten gewesen, sondern ob die Insassinnen HIV-positiv seien, sagt Romanowa.

Von Militärkameraden zu Tode gefoltert

Wie die jüngst rekrutierten Frauen dachte auch Ilja Bacharew, dass der Eintritt in die russische Armee ein Ticket in die Freiheit sei. Er habe nicht gewollt, dass seine Kinder ihn für immer nur als Ex-Häftling betrachteten, erzählt seine Ehefrau Swetlana. Nun ist er tot: Gerichtsdokumente, die Meduza vorliegen, zeigen, wie Ilja von seinen Kameraden zu Tode gefoltert wird. Einen Anspruch auf Entschädigung des russischen Verteidigungsministeriums hat die Witwe nicht, „weil Ilja nicht im Kampf gefallen ist“.

Das Exilmedium Meduza veröffentlicht eine gekürzte englische Fassung einer Recherche, die zuerst auf Russisch in der unabhängigen Journalistenkooperative Bereg erschien.

Depressionen unter russischen LGBTQ+-Aktivisten

Mindestens vier russischsprachige Personen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in die Niederlande geflüchtet waren und dort auf ihren Asylbescheid warteten, haben Suizid begangen. Das wurde im Januar bekannt. Die Menschenrechtsorganisationen Sfera und Conscious Refusers Movement haben jetzt das niederländische Justizministerium aufgefordert, alle Fälle von Suizid unter russischsprachigen LGBTQ+-Flüchtlingen zu untersuchen.

Eine der in den Niederlanden verstorbenen Geflüchteten ist Antonina Babkina, ein Transgender-Mädchen aus Moskau, das unter Depressionen litt und zum Zeitpunkt ihres Selbstmords bereits seit einem Jahr auf Asyl wartete. Psychologische Betreuung erhielt sie nicht.

Meduza hat mit vier LGBTQ-Personen aus Russland, die in den Niederlanden auf Asyl warten oder kürzlich Asyl erhalten haben, über ihre Situation gesprochen (russischer Text).

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