Korsikas Streben nach Autonomie: Extrawurst für die Insel

Präsident Macron hat Korsika mehr Autonomie in Aussicht gestellt. Die Zugeständnisse wecken auch bei Separatisten in anderen Regionen das Interesse.

Auf einer Mauer in der Stadt Corte ist ein Graffiti zur Unterstützung des wegen Mordes verurteilten korsischen Nationalisten Yvan Colonna gemalt worden

Mehr Autonomie ist für die Kor­s*in­nen ein wichtiges Zeichen Foto: Rachel Boßmeyer/dpa

Eine Teilautonomie für Korsika soll den Konflikt politisch lösen, der von der „Nationalen Befreiungsbewegung“ FLNC über Jahrzehnte gegen die Zentralmacht in Paris ausgetragen wurde. Die Untergrundgruppe scheute auch nicht vor dem Einsatz von Sprengstoff und Maschinengewehren zurück.

Nach gewaltsamen Demonstrationen infolge des Mordes an dem korsischen Separatisten Yvan Colonna vor zwei Jahren stellte Staatspräsident Emmanuel Macron dem rebellischen Korsika eine Autonomie in Aussicht. Colonna war von einem Mithäftling attackiert worden.

Die korsischen Separatisten, die seit 2015 auf der französischen Mittelmeerinsel eine Mehrheit haben, wollen nun Macrons ausgestreckte Hand ergreifen. Sie sind fast einstimmig für den mit der Regierung ausgehandelten Verfassungstext, der die Besonderheiten der Inselbevölkerung, ihre Geschichte, Sprache und Kultur offiziell anerkennt. Für die Korsen ist das ein wichtiges Symbol und allein deshalb schon eine historische Errungenschaft.

Da nicht nur das Inselkabinett, sondern auch die beiden Parlamentskammern in Paris das Autonomiestatut uneingeschränkt und im selben Wortlaut verabschieden müssen, damit es anschließend im Grundgesetz der Republik verankert werden kann, ist der Weg allerdings noch weit und voller Hindernisse. Denn die konservative Opposition, die sich seit jeher regionalistischen Bestrebungen auf Kosten der Zentralmacht widersetzt, hat die Absicht und auch die Mittel, den Sieg für die Autonomisten zu vereiteln.

Dabei geht die geplante Teilautonomie gar nicht so weit. Das Korsische wird keine zweite Amtssprache und auch die an die Inselbehörden übertragenen Kompetenzen bleiben beschränkt. Dennoch wecken die Zugeständnisse bereits das Interesse von anderen Separatisten in der Bretagne, im Elsass oder im französischen Baskenland, die auch gern so eine „Extrawurst“ in der Verfassung bekommen möchten.

Allein die absehbare Lawine ähnlicher Forderungen aus allen Teilen Frankreichs und von diversen Inseln in allen Weltmeeren könnte dazu führen, dass sich die aktuelle Euphorie auf Korsika schon bald als verfrüht entpuppt.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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