Geheimdienst-Experte Flisek über BND: „Wir bauen die Kontrolle massiv aus“

Er sieht den BND nicht auf dem Weg zur einer deutschen NSA. SPD-Geheimdienst-Experte Christian Flisek zu den neuen Befugnissen globaler Überwachung.

acht Überwachungskameras, die in engem Abstand an einer Wand hängen

Totale Überwachung? Nein. Ein Objekt der Ausstellung „Magic City“ Foto: dpa

taz: Herr Flisek, am Freitag wird der Bundestag dem Bundesnachrichtendienst (BND) umfassende Befugnisse zur Ausspähung von Auslands-Kommunikation geben. Wird der BND damit zu einer zweiten NSA?

Christian Flisek: Nein. Der Vergleich ist unpassend und polemisch. In Zeiten der terroristischen Bedrohung brauchen wir einen starken Auslandsgeheimdienst, der auch aus den internationalen Datenströmen Erkenntnisse gewinnt.

Wie unterscheidet sich der BND noch von der NSA?

Die NSA versucht offensichtlich so viele Informationen zu sammeln, wie sie technisch bekommen kann. Der BND hat dagegen ein klares und jetzt auch gesetzlich eingegrenztes Mandat. Wichtigster Unterschied: Die NSA hat auch die eigene amerikanische Bevölkerung umfassend überwacht. Der BND zielt nicht auf Deutsche.

Die Empörung über die NSA 2013 war also berechtigt?

Natürlich. Wir können froh sein, dass Edward Snowden das Thema globale Überwachung auf die Tagesordnung gesetzt hat. Allerdings war die Empörung der deutschen Politik heuchlerisch, weil sie unterschlagen hat, dass auch der BND Regierungen, Unternehmen und Bürger befreundeter Staaten ausspioniert hat.

Und jetzt legalisieren Sie alles, was bisher illegal war?

Spionage im Ausland ist völkerrechtlich nicht verboten. Bis es einen weltweiten Vertrag gegen Massenüberwachung gibt, wird es vermutlich noch lange dauern. Wir schaffen nun in bisherigen Grauzonen ein bisher beispielloses rechtsstaatliches Korsett und politisches Verantwortungsregime für den BND.

Laut Gesetzentwurf soll der BND nicht eingeengt werden …

Viele Kritiker des Gesetzes wollen den BND nicht reformieren, sondern abschaffen. Da haben wir einen klaren Dissens. Die SPD steht zum BND. Und wir beginnen nun mit einem Gesetz, das zumindest unsere EU-Partner schützt.

42, ist SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, seit 2013 ist er Bundestagsabgeordneter, vorher war er Rechtsanwalt.

Bei der Überwachung bleibt aber weiter erlaubt, was „Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung“ bringt.

Künftig müssen BND-Präsident und Kanzleramt absegnen, welche Telekommunikationsnetze mit welchem Ziel überwacht werden. Kontrolliert wird dies durch ein unabhängiges Gremium, dem zwei BGH-Richter und ein Bundesanwalt angehören. Wenn es hier wieder zu Wildwuchs kommt, müssen die Verantwortlichen im BND und in der Bundesregierung ihren Hut nehmen.

Ist der BND überhaupt kontrollierbar?

Natürlich. Wir bauen die Kontrolle massiv aus. Künftig hat das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags einen Ständigen Bevollmächtigten, der mit 22 Leuten unangemeldet kontrollieren kann.

Seine Aufträge bekommt der Bevollmächtigte aber von der parlamentarischen Mehrheit. Warum sollten Sie dafür sorgen, dass der BND scharf kontrolliert wird und hinterher Ihre Regierung schlecht dasteht?

Weil der BND in einer kritischen demokratischen Öffentlichkeit auf Dauer nur bestehen kann, wenn er auf dem Boden seiner rechtsstaatlichen Legitimation bleibt.

Die BND-Novelle ist also kein Zugeständnis der SPD an den Koalitionspartner?

Nein, das Gesetz ist vielmehr ein großer Erfolg der SPD. Wir haben massive Widerstände überwinden müssen. Kein Staat weltweit hat ein ähnliches Gesetz.

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