Der Berliner Wochenkommentar I: Einstieg in den Ausstieg

Im Lichtenberger Kraftwerk Klingenberg wird keine Lausitzer Braunkohle mehr verbrannt. Für unseren Autor mehr als heiße Luft.

Qualmende Schornsteine vor dem Kraftwerk Klingenberg

Hat die Berliner Luft schwer belastet: die Gewinnung von Strom und Wärme aus Lausitzer Braunkohle Foto: dpa

Und klick: Am vergangenen Mittwoch hat Vattenfall das letzte Berliner Braunkohlekraftwerk ausgeknipst. Gut so. Aber nur ein allererster Anfang auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität.

Die Gewinnung von Strom und Wärme für rund 300.000 Haushalte aus Lausitzer Braunkohle im Lichtenberger Kraftwerk Klingenberg hat die Berliner Luft schwer belastet. Mit direkt Gesundheitsschädlichem wie Feinstaub und Sulfaten, vor allem aber mit ebenso unsichtbarem wie klimawirksamem Kohlendioxid. Wenn Klingenberg erst einmal wie geplant auf Erdgas umgestellt ist, wird es bei gleicher Leistung jährlich ca. 600.000 Tonnen CO2 weniger aus seinen markanten Schornsteinen an der Spree blasen.

Mehr als die doppelte Menge des Klimakillers ließe sich bei einer Umstellung der verbliebenen (Stein-)Kohlekraftwerke Reuter, Reuter-West und Moabit auf Erdgas erreichen und noch viel mehr, wenn der Ersatz auf der Basis erneuerbarer Energiequellen geschieht. Einfach so verfügen kann der rot-rot-grüne Senat das aber nicht, er hat auch im Fall der Braunkohle nur davon profitiert, dass der Vattenfall-Konzern, der gerade seine Kohlesparte in der Lausitz abgestoßen hatte, den dreckigen Stoff auch nicht von seinem dortigen Nachfolger Leag kaufen wollte.

Deshalb will die Koalition nun auch noch „Geschichte schreiben“ (Umweltsenatorin Regine Günther) und hat eine Novellierung des Energiewendegesetzes in den parlamentarischen Prozess eingebracht, die den Ausstieg Berlins als ersten deutschen Bundeslands aus beiden Kohlearten festschreiben soll. Für den Grünen-Abgeordneten Georg Kössler erfüllt sich damit ein Traum, den er nach eigener Aussage schon in der Grünen Jugend geträumt hat. „Deswegen feiere ich gerade Politik so hart ab“, sagte er unlängst im Abgeordnetenhaus.

Da ist genauso etwas dran wie am Argument der CDU, das Gesetz sei eine „ganz billige PR-Nummer“ aus Anlass des Klingenberg-Abschaltung. Denn wie gesagt, die war dem Senat quasi in den Schoß gefallen. Und die neue Formulierung im Gesetzestext besagt nun lediglich, dass der Senat auf einen definitiven Steinkohlestopp am 31. 12. 2030 „hinwirken“ wird. Das ist nicht nichts, aber auch nicht wirklich viel. Es liegt jetzt an der Ausgestaltung der Umweltpolitik, dass am Ende mehr als die sprichwörtliche heiße Luft dabei herauskommt.

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Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.

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