Dengue-Fieber in Brasilien: Mit Soldaten, Mückenspray und Bier

In Brasilien ist das Dengue-Fieber ausgebrochen. Auf vielfältige Weise versuchen Menschen in Rio de Janeiro, sich vor Mückenstichen zu schützen.

Eine Person spüht in ein Haus.

Mückenbekämpfung: Gesundheitspersonal im Einsatz gegen die Ausbreitung des Denguevirus in Brasilien Foto: Ueslei Marcelino

Seit einigen Tagen trägt Lu­ciane Maciel nur noch lange Hosen auf der Arbeit, trotz Temperaturen um die 35 Grad. „Hier wimmelt es von Mücken, ich will meine Beine schützen.“ Maciel, 50, zurückgebundene Haare, steht hinter der Theke und spült Gläser. Sie arbeitet in einem Restaurant in Santa Teresa, im Süden Rio de Janeiros. Von hier hat man eine spektakuläre Sicht auf die Guanabara-Bucht. Maciel zeigt auf zwei gelbe Fläschchen auf der Theke. „Mückenspray für unsere Gäste.“

Die Vorkehrungen haben einen Grund: Brasilien erlebt den schwersten Ausbruch des Dengue-Fiebers seit Jahrzehnten. Mehr als 1,3 Mil­lio­nen Fälle wurden seit Anfang des Jahres gemeldet – viermal so viele wie im gleichen Zeitraum 2023. Viele Bundesstaaten haben den Notstand ausgerufen. Soldaten spüren die Brutstätten der Mücken auf.

Dengue ist die sich am schnellsten verbreitende Viruserkrankung weltweit. Sie wird von der Stechmückenart Aedes aegypti übertragen. Diese wird nicht mit dem Virus geboren. Wenn Moskitos jedoch das Blut einer erkrankten Person saugen, vermehrt sich das Virus in ihren Körpern und überträgt sich mit einem Stich auf den nächsten Menschen. So kann die Krankheit schnell außer Kon­trol­le geraten. Wie nun in Brasilien.

Neben Maciel steht Dayana Candida. Sie ist 32, auch sie arbeitet in dem Restaurant. Vor zwei Wochen fühlte sie sich plötzlich ganz schlapp, hatte hohes Fieber. Sie ging zum Arzt, die Diagnose: Dengue. „Es war schrecklich, der ganze Körper schmerzte. Ich konnte kaum aus dem Bett aufstehen.“ Viele Pa­ti­en­t*in­nen berichten von starken Schmerzen. Die Krankheit trägt den vielsagenden Beinamen Knochenbrecherfieber. Neben hohem Fieber leiden Infizierte unter Erbrechen, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie juckendem Hautausschlag. In seltenen Fällen – und vor allem bei Zweitinfektionen – kann die Krankheit zu Blutungen führen, die tödlich enden können.

Rekordtemperaturen begünstigen den Ausbruch

Brasilien hat mittlerweile 5,2 Millionen Dosen des Dengue-Impfstoffs Qdenga gekauft, entwickelt vom japanischen Arzneimittelhersteller Takeda. Weitere 1,32 Millionen Dosen erhielt das Land unentgeltlich. Eine Impfkampagne lief Ende des Jahres an. Sie richtet sich vorerst prioritär an Kinder und Jugendliche.

Die 10-jährige Tochter von Candida wurde bereits geimpft. Auch sie würde sich sofort impfen lassen, so wie fast alle Brasilianer*innen. Das Land hat ein lange Impftradition, zudem ein gut funktionierendes öffentliches Gesundheitssystem. Die Impfkampagne wird den aktuellen Ausbruch aber kaum bremsen können. Deshalb wird die Bevölkerung überall dazu aufgerufen, sich selbst zu schützen. Im Fernsehen, auf Plakatwänden, mit Lautsprecherwagen.

Die hohen Fallzahlen hängen mit den aktuellen Rekordtemperaturen zusammen. Das ganze Land ächzt unter einer Hitzewelle. Laut Ex­pert*in­nen ist neben dem Klimawandel dafür das natürliche Wetterphänomen El Niño verantwortlich, das zu höheren Temperaturen und mehr Niederschlägen führt. Mücken legen ihre Eier in stehende Gewässer.

Der Stadtteil Santa Teresa liegt auf einem Hügel, ist bekannt für seinen bohemen Charme. Ein paar Straßen von dem Restaurant entfernt führt eine schmale Kopfsteinpflastergasse nach unten. Ein Mann steht vor seinem Haus, es ist Alfonso Bendim. Er ist braungebrannt, trägt Unterhemd, knallrote Shorts und Flip-Flops. Der typische Carioca-Look. In seinem Haus lebt er zusammen mit 4 Hunden und 22 Katzen. Er nennt sich selbst den „Beschützer der Tiere“. Doch seine Tierliebe hört bei Mücken auf.

Bendim hat viele Pflanzen in seinem Haus. Da Mücken ihre Eier in stehende Gewässer legen, hat er die Untersetzer entfernt. „Damit sich dort kein Wasser ansammelt.“ Jeden Tag schüttet er Bleichmittel in die Abflüsse seines Hauses. In seiner Straße habe es bisher noch keine Dengue-Fälle gegeben, weiter oben aber schon. Ob er Mückenspray benutze? Bendim schüttelt den Kopf und lacht. „Mein Mückenspray ist das Bier, sie wollen mein Blut nicht.“

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Niklas Franzen, Jahrgang 1988, ist Journalist und ehemaliger Brasilien-Korrespondent. Im Mai 2022 erschien sein Buch “Brasilien über alles - Bolsonaro und die rechte Revolte” bei Assoziation A.

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